Forscher der NTNU werfen Licht auf magnetische Materialien im kleinen Maßstab, indem sie mit Hilfe extrem heller Röntgenstrahlen Filme erstellen.
Erik Folven, Co-Leiter der Oxidelektronik-Gruppe am Institut für Elektronische Systeme der NTNU, und Kollegen der NTNU und der Universität Gent in Belgien untersuchten, wie sich Dünnschicht-Mikromagnete bei Störungen durch ein äußeres Magnetfeld verändern. Die Arbeit, die teilweise von NTNU Nano und dem Norwegischen Forschungsrat finanziert wurde, wurde in der Fachzeitschrift Physical Review Research veröffentlicht.
Winzige Magnete
Einar Standal Digernes erfand die winzigen quadratischen Magnete, die in den Experimenten verwendet wurden.
Die winzigen quadratischen Magnete, die von NTNU-Doktorand Einar Standal Digernes entwickelt wurden, sind nur zwei Mikrometer breit und in vier dreieckige Bereiche aufgeteilt, von denen jeder eine andere magnetische Ausrichtung aufweist und im oder gegen den Uhrzeigersinn um die Magnete herum zeigt.
In bestimmten magnetischen Materialien schließen sich kleinere Atomgruppen zu sogenannten Domänen zusammen, in denen alle Elektronen die gleiche magnetische Ausrichtung haben.
In den NTNU-Magneten treffen sich diese Domänen an einem zentralen Punkt – dem Wirbelkern –, wo das magnetische Moment direkt in die Ebene des Materials hinein oder aus ihr heraus zeigt.
„Wenn wir ein Magnetfeld anlegen, zeigen immer mehr dieser Domänen in die gleiche Richtung“, sagt Folven. „Sie können wachsen und schrumpfen und dann miteinander verschmelzen.“
Elektronen fast mit Lichtgeschwindigkeit
Dies zu beobachten, ist nicht einfach. Die Forscher brachten ihre Mikromagnete zu einem 80 Meter breiten, ringförmigen Synchrotron namens BESSY II in Berlin. Dort werden Elektronen auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt. Diese schnellen Elektronen emittieren dann extrem helle Röntgenstrahlen.
„Wir nehmen diese Röntgenstrahlen und verwenden sie als Licht in unserem Mikroskop“, sagt Folven.
Da sich die Elektronen in Bündeln im Abstand von zwei Nanosekunden im Synchrotron bewegen, werden die von ihnen emittierten Röntgenstrahlen in präzisen Impulsen abgegeben.
Ein Rastertransmissions-Röntgenmikroskop (STXM) erfasst diese Röntgenstrahlen, um eine Momentaufnahme der magnetischen Struktur des Materials zu erstellen. Durch das Zusammenfügen dieser Schnappschüsse können die Forscher im Wesentlichen einen Film erstellen, der zeigt, wie sich der Mikromagnet im Laufe der Zeit verändert.
Mithilfe des STXM störten Folven und seine Kollegen ihre Mikromagnete mit einem Stromimpuls, der ein Magnetfeld erzeugte, und beobachteten, wie die Domänen ihre Form änderten und sich der Wirbelkern vom Zentrum weg bewegte.
„Man nimmt einen sehr kleinen Magneten, stupst ihn an und versucht abzubilden, wie er sich wieder setzt“, sagt er. Anschließend sahen sie, wie der Kern in die Mitte zurückkehrte – allerdings auf einem gewundenen Pfad, nicht auf einer geraden Linie.
„Es wird sozusagen zurück in die Mitte tanzen“, sagt Folven.
Ein Ausrutscher und es ist vorbei
Der Grund hierfür ist, dass sie epitaktische Materialien untersuchen, die auf einem Substrat erzeugt werden, das es den Forschern ermöglicht, die Eigenschaften des Materials zu optimieren, die Röntgenstrahlen in einem STXM jedoch blockieren würde.
Bei ihrer Arbeit im NTNU NanoLab lösten die Forscher das Substratproblem, indem sie ihren Mikromagneten unter einer Kohlenstoffschicht vergruben, um seine magnetischen Eigenschaften zu schützen.
Anschließend wurde das darunterliegende Substrat mit einem fokussierten Strahl aus Galliumionen vorsichtig und präzise abgesplittert, bis nur noch eine sehr dünne Schicht übrig blieb. Dieser mühsame Prozess konnte pro Probe acht Stunden dauern – und ein einziger Fehler konnte eine Katastrophe bedeuten.
„Das Entscheidende ist, dass wir das nicht wissen, bevor wir in Berlin sitzen, wenn der Magnetismus ausgeschaltet wird“, sagt er. „Der Trick besteht natürlich darin, mehr als eine Probe mitzubringen.“
Von der Grundlagenphysik zu zukünftigen Geräten
Glücklicherweise funktionierte es. Das Team konnte anhand der sorgfältig vorbereiteten Proben verfolgen, wie die Domänen des Mikromagneten mit der Zeit wachsen und schrumpfen. Außerdem erstellten sie Computersimulationen, um die wirkenden Kräfte besser zu verstehen.
Das Verständnis der Funktionsweise des Magnetismus in diesen Längen- und Zeitskalen könnte nicht nur unser Wissen über die Grundlagen der Physik erweitern, sondern auch bei der Entwicklung zukünftiger Geräte hilfreich sein.
Magnetismus wird bereits zur Datenspeicherung genutzt, doch Forscher suchen derzeit nach Möglichkeiten, ihn noch weiter auszunutzen. Die magnetischen Ausrichtungen des Wirbelkerns und der Domänen eines Mikromagneten könnten beispielsweise dazu genutzt werden, Informationen in Form von Nullen und Einsen zu kodieren.
Die Forscher wollen diese Arbeit nun mit antiferromagnetischen Materialien wiederholen, bei denen sich die Nettowirkung der einzelnen magnetischen Momente aufhebt. Diese sind vielversprechend für die Computertechnik – theoretisch könnten antiferromagnetische Materialien zur Herstellung von Geräten verwendet werden, die wenig Energie benötigen und auch bei Stromausfall stabil bleiben –, aber sie sind deutlich schwieriger zu untersuchen, da die von ihnen erzeugten Signale deutlich schwächer sind.
Trotz dieser Herausforderung ist Folven optimistisch. „Wir haben den ersten Schritt getan, indem wir gezeigt haben, dass wir Proben herstellen und mit Röntgenstrahlen durchleuchten können“, sagt er. „Im nächsten Schritt werden wir prüfen, ob wir Proben von ausreichend hoher Qualität herstellen können, um ein ausreichendes Signal von einem antiferromagnetischen Material zu erhalten.“
Veröffentlichungszeit: 10. Mai 2021